Mein Umgang mit Süßgeschenken für Claire

Mein Umgang mit Süßgeschenken für Claire

Neulich packte ich eine Dose voll Gurken, Karotten und Paprikastücke und zwei Wassertrinkflaschen ein, holte Claire mit Elian vom Kindergarten ab und wir fuhren gleich weiter, mit dem Rad, auf einen Spielplatz. Erst war Claire traurig, weil sie sich gerne verabredet hätte. Ich sagte ihr, sie könne am Spielplatz direkt neue Freunde finden. Nach einer kleinen „Aufwärmphase“ und dem Knabbern von Rohkost bei Elian und mir zog sie los und kam kurz darauf mit einem Mädchen an der Seite zurück: „Mama, das ist meine neue Freundin!“ Elian schlief auf meinem Arm ein und ich sah den beiden zu, wie sie barfuß, laut lachend vor dem Schatten wegliefen, weil er ihnen im Spiel zu kalt war und vor der Sonne wegliefen, weil sie den Sand im Spiel zu heiß machte. Sie zeigten sich Kunststücke auf einer Wippe und dann lief das Mädchen davon, zu ihrem Vater auf der anderen Seite des Spielplatzes. Sie kam zurück mit zwei Päckchen Maoam, einem für sich, einem für Claire. Claire zeigte es mir freudig. Ich sagte: „Wie lieb von dem Mädchen!“ Die beiden setzten sich leise kauend neben Claires schlafenden Bruder und mich. Dann lief das Mädchen nochmal los, brachte noch ein Päckchen für Claire, die sich freute und es öffnete. Ich sagte ihr, dass sie es sich auch für später oder morgen verwahren könne, wenn sie möchte. Wollte sie und packte es in meine Tasche, nachdem sie noch eines davon in den Mund gesteckt hatte. Die beiden zischten spielend davon. Hätte sie auch dieses Päckchen verschlungen, hätte ich sie gelassen und möglicherweise dabei weggeguckt, um dem Süßem nicht zu viel Bedeutung zu geben, oder sie wertfrei gefragt, ob sie einmal in ihren Bauch horchen möchte, was der sagt. Mag der noch? Denn bei uns gilt: Was der Bauch sagt, ist Gesetzt. Er ist der Chef. Ich ermutige sie von Zeit zu Zeit in den Bauch zu spüren. Das mache ich auch dann, wenn sie bei Mahlzeiten aufgegessen hat. Ich frage dann: „Na was sagt dein Bauch, will der noch, oder sagt er Stop?“ Und wenn ihr Bauch „Stop“ sagt, obwohl der Teller noch nicht leer ist, dann akzeptiere ich das. Ich übe mich bis heute darin, Teller selber nicht aufessen zu müssen, wenn mein Bauch „Stop“ sagt. Aufessen wurde mir anerzogen. Ich halte das für keine sinnvolle Tisch-Erziehung. Sich zuerst nur wenig, dafür lieber öfter aufzuladen, finde ich hingegen logisch.

Ich werde oft gefragt, wie ich den Einfluss von Süßigkeiten, der zwangsläufig in unseren Breitengraden gegeben ist, für meine Tochter handhabe. Wenn ich mir aussuchen könnte, ob es Süßigkeiten mit raffiniertem Zucker, Farb- und Geschmacksverstärkern gibt oder nicht, würde ich ganz klar dagegen stimmen. Ich kann es mir aber nicht aussuchen. Süßigkeiten gehören auch für Claire, seit sie mit 2,5 Jahren in den Kindergarten kam, dazu. Bei Elian wird das sicher schneller gehen – das Los der Zweiten. Claire bekommt oft Süßes geschenkt. Und manchmal kaufen wir uns ein Eis im Eissalon, weil die Unternehmung schön ist. Meist kaufe ich im (Bio-) Laden ohne sie ein, wenn sie aber mitkommt haben wir die Absprache, dass sie sich etwas aussuchen darf. Das ist mal ein gezuckertes Joghurt, mal eine Kekspackung, mal eine Kinderzeitschrift. Und mal überredet sie mich zu einem Joghurt und einer Kekspackung.

Claire ist eine Sammlerin. Sie sammelt Steine, Blumen, Stöcke, Flaschendeckel und Süßkrampapiere. Sie liebt Glitzer, Knisterndes, Buntes, da ist das die logische Schlussfolgerung. Sie hat in ihrem Zimmer einen Karton, in dem sie ihre Schätze, Verpackungen von Süßigkeiten, aufbewahrt. Würde ich sie lassen, würden da sogar Verpackungen von Käse, Joghurt und allerlei anderer verderbbarer Dinge hineinwandern. Ob die Verpackungen von Süßem stammen, die sie gegessen hat, ist dabei nicht relevant. Meine Mutter bringt ihr manchmal eine Hand voll bunt knisternde Pralinenverpackungen mit, die leer sind. Claire freut sich darüber und füllt sie mit Steinen, Watte oder Knete, damit sie im Spiel gefüllt sind. Es macht ihr Spaß!

Ich habe einmal von einer Leserin gelesen, sie hätte nach Jahren erfahren, dass ihre Mutter heimlich selbstgemachtes Joghurt mit frisch zerdrückten Früchten in Fruchtzwergepackungen füllte – und die Masche bei ihr und den Geschwistern immer zog. Das kann ich mir vorstellen! Wir Erwachsenen versuchen Müll zu reduzieren. Für Kinder sind Verpackungen der Hit.

Bei all dem Süßen, das Claire natürlich liebt, liebt sie unser selbstgemachtes Süßes ganz genauso. Für sie ist es ganz normal, mit Datteln, Ahornsirup oder Birkenzucker zu backen oder Eis am Stiel aus Smoothieresten selbst herzustellen. Genauso normal wie es für sie ist, Fisch zu Hirse, statt Fischstäbchen zu Kroketten zu essen. (Obwohl sie Fischstäbchen auch sehr mag, ich kaufe für sie manchmal Follow-Fischstäbchen aus dem Bioladen, auch wenn sie Weizen enthalten.)

Claire verträgt gesundheitlich inzwischen alles. Dass Süßes nicht gesund ist, ist klar. Aber ich möchte aus Süßem keine „verbotene Frucht“ machen, die dann erst recht interessant wird. Ich durfte als Kind ein bis zwei Kekse nach dem Mittagessen essen. Sie wurden gerecht für uns sechs Kinder abgezählt. Sobald ich Taschengeld hatte, kaufte ich mir davon nur Süßes, und aß es heimlich. Ich möchte nicht, dass meine Tochter Süßes heimlich essen muss. Und auch ich esse ab und an Süßes, Ungesundes, gerne dann auch vor ihr. Diesen Beitrag einer Mami auf Instagram finde ich dazu sehr toll.

Manchmal spreche ich auch mit ihr darüber, dasss gewisse Lebensmittel nicht gut für unsere Körper sind, meist spreche ich aber eher im Gegenteil darüber, welche Zutaten Funktionen positiv erfüllen. In erster Linie lebe ich ihr aber vor, welche Zutaten ich liebe. Ich merke gerade, so oft wird bei uns gar nicht über Essen gesprochen.

Claire hatte ihre restlichen Maoam dann übrigens vergessen und ich habe sie nach einigen Tagen verschwinden lassen.

Erst wenn sie erwachsen ist, wird sich zeigen, ob ich es richtig mache. Erziehung ist zu einem gewissen Teil immer erstmal ein Experiment, ich kann euch also keinen Umgang empfehlen. Ich kann euch nur sagen, wie ich es handhabe.

Meinen liebsten Süß-Snack habe ich heute Abend spontan für euch gefilmt, ihr findet das Video auf Instagram und Facebook.

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